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Pressekonferenz vierter Spieltag

Dresden, 16/11/2008

Bei der täglichen Pressekonferenz nach dem vierten Spieltag fanden sich zu Susan Polgar’s Runde wieder vier interessante Gäste zusammen: Lars Bo Hansen, Kieran Lyons, Daniel Fridman und Ignatius Leong.



Lars Bo Hansen, das erste Brett des dänischen Teams strahlte über das ganze Gesicht, denn obwohl er als eher solider und zurückhaltender Spieler gilt, gelang ihm heute eine Angriffspartie mit Figurenopfer gegen Bangladesh, welche den 2,5:1,5 Erfolg stützte. Er ist mit seiner Frau in Dresden, die genau wie er das Spitzenbrett des dänischen Teams besetzt. „Wir haben uns 1988 bei der Juniorenweltmeisterschaft in Adelaide kennengelernt . Es ist einfach schön, die Zeit auch beim Schach miteinander verbringen zu können.“  Evgenia Hansen knipste im Hintergrund dabei eifrig Fotos ihres Ehemannes auf dem Podium.



Allerdings ist Hansen kein Schachprofi mehr – er arbeitet als Assistenzprofessor an einem dänischen Institut und hat sich auf Managementstrategien spezialisiert. Er verfasste bereits ein Buch für Schachspieler, welches sich damit beschäftigt, Strategien aus dem Berufsleben für das eigene Schachtraining umsetzen zu können. Momentan arbeitet er an einem weiteren, das den Spieß umdreht: Wie können Schachstrategien im Berufsleben vorteilsbringend angewandt werden?
Die Ziele seines Teams bei der Olympiade bezeichnete er so: “Wir möchten gerne gegen ein paar der besten Teams spielen und da unseren Spaß haben“. Auf die spätere Frage Susan’s wie die inoffizielle „nordische Meisterschaft“ stehe, antwortete Lars Bo: “Die Norweger haben momentan die Nase vorn, sie haben schon ein sehr starkes Team“.

Als wohl farbenfroheste Erscheinung auf dem Podium – in rotem Mantel und Hut – erschien Kieran Lyons und prompt wurde sie zu ihrem Modestil befragt. Die FIDE-Meisterin von den Fidschi-Inseln meinte: „Ich mag es mich hübsch anzuziehen. Das bringt die Leute zum Lächeln.“ Obwohl sie in Brisbane/Australien lebt, tritt sie für Fidschi an, da ihre Mutter von den Inseln stammt. Schach ist dort noch sehr wenig verbreitet, besonders unter Frauen. Eines ihrer großen Ziele ist es, diesen Zustand zu ändern. Momentan steht sie in Verhandlungen mit dem Präsidenten Ozeaniens. Sie möchte den Verband dazu bewegen, sich finanziell an der Förderung des Frauenschachs zu beteiligen. Auch ihre Zukunft sieht sie in der Schachszene, wo sie ihre ambitionierten Ziele weiter verfolgen kann. Auf Susan’s Frage, welche Gegnerin sie sich noch wünsche meinte sie: „Da gibt es wirklich viele!“

Daniel Fridman war als nächstes an der Reihe: Der gebürtige Lette ist mit seiner Frau in Dresden und auch sie besetzt ein Brett im Damenwettbewerb: Anna Zatonskih spielt für die USA. Allerdings ist er davon nicht ganz so begeistert wie Hansen: “So lange wir beide spielen, gibt es kein Problem, aber wenn einer fertig ist und die Partie des anderen beobachten muss, ist es extrem stressig. Außerdem ist es recht schwierig sich hier überhaupt wiederzutreffen, denn wenn der Spieler mit der Partie fertig ist, muss er aus dem Spielsaal gehen.“ Nach dem Unterschied zum Team seines Geburtslandes befragt, meinte er: “Das deutsche Team ist einfach professioneller, unser Anspruch ist ein ganz anderer als der Lettlands. Wir spielen wahrscheinlich nicht um die ersten drei Plätze mit, was man jetzt nach vier Siegen meinen könnte, aber vielleicht bis Platz sechs. Übrigens waren heute in unserem Kampf sogar drei Ex-Letten dabei: Naiditsch, Schirow und ich“.

Als offizieller Vertreter der FIDE trat Ignatius Leong, Generalsekretär des Weltschachverbandes, vor die Journalisten. Er ist einer der gefragtesten Turnierorganisatoren Asiens. 2002 kandidierte er für die Position des FIDE-Präsidenten gegen den aktuellen Amtsinhaber Kirsan Iljumschinov, zog diese dann jedoch später zurück. Leong bemüht sich auch aktiv, in seinem Heimatland Singapur das Schachspielen populärer zu machen. „Vor 10 Jahren war professionelles Schach in Singapur noch sehr wenig verbreitet.“ Heute gewinnt dieser Sport dort mehr und mehr an Bedeutung. Vor allem die Jugend soll durch Förderungen zum Schach motiviert werden.
Bei der Schacholympiade 2008 in Dresden fungiert Leong als Hauptschiedsrichter. Nach anfänglichen Schwierigkeiten am Rande kommentiert er den Verlauf der Olympiade nun gelassen: „Alles läuft wirklich gut. Nur 4 Spieler in über 4000 Partien kamen zu spät und nur an einem Tisch von über 500 gab es Probleme mit der Uhr. Das ist eine verhältnismäßig sehr gute Bilanz.“
Nicht so gut lief es für den Präsidenten der FIDE, Kirsan Iljumschinow, der noch vor der Eröffnung der Schacholympiade einen Autounfall hatte und daher den Wettkämpfen bisher nicht beiwohnen kann. Leong selbst konnte keine neuen Informationen zum derzeitigen Gesundheitszustand des Präsidenten geben. Jedoch gab es keine Verschlechterung und er hofft darauf, ihn zum FIDE-Kongress beziehungsweise zur Siegerehrung in Dresden begrüßen zu können.

Auf eine Journalistenfrage, wieso keine Bulletins mehr verteilt werden, wie das bei früheren Olympiaden der Fall war, erwiderte Herr Leong: „Heutzutage kann man sich die Partien mit ein paar Mausklicks herunterladen, aber ich werde mit den Organisatoren klären, ob man am Ende eine CD zur Verfügung stellen kann, die sämtliche Partien enthält“.
Eine weitere Frage ging an Lars Bo Hansen, wieso er und nicht der deutlich Elo-stärkere Peter-Heine Nielsen am Spitzenbrett spielt. „Da gibt es zwei Gründe: Peter war bei der Weltmeisterschaft in Bonn als Sekundant Anands dabei und konnte sich nicht richtig auf die Olympiade vorbereiten. Zum zweiten haben wir uns gedacht, dass ich am ersten Brett eher auf ein Remis ausgehen werde, während Peter an Brett zwei mit seinem risikovollen Spiel auf Gewinn aus ist.“
„Wirst du morgen zur Bermudaparty gehen?“ fragte Susan Polgar zum Abschluss Kieran Lyons: “Ich weiß es noch nicht genau“. Das klang ein bisschen nach Verunsicherung, aber die wird ihr morgen hoffentlich noch genommen!

Text: Peter Dengler
Fotos: Georgios Souleidis

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