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25.11.2008
Armenien und Georgien gewinnen Gold
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25.11.2008
Pressekonferenz armenische Mannschaft
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25.11.2008
Pressekonferenz deutsche Mannschaft
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Fazit nach dem vierten Spieltag

Dresden, 17/11/2008

Nach der vierten Runde der Schacholympiade in Dresden führen erwartungsgemäß Russland und aus hiesiger Sicht erfreulicherweise Deutschland I die Tabelle an. Sieben Mannschaften liegen auf Tuchfühlung dahinter, darunter der Titelverteidiger Armenien.



Die Berliner Mauer hält

Das Spitzenbrett der deutschen Mannschaft Arkadij Naiditsch wählte gegen den Weltklassespieler Alexei Shirov die „Berliner Mauer“ der Spanischen Eröffnung und konnte sich in einem komplizierten Endspiel durchsetzen. Naiditschs Eröffnungswahl stellte eine kluge Taktik dar, denn der Spanier scheint gegen die genannte Variante seine lieben Probleme zu haben: vor fast genau drei Wochen verlor er in der Schachbundesliga gegen Cyril Marcelin, der ebenfalls das durch Wladimir Kramnik in seinem Weltmeisterschaftskampf gegen Garri Kasparov im Jahr 2000 in London salonfähig gemachte System wählte. Den zweiten Glanzpunkt des Tages setzte David Baramidze, der in einem Springerendspiel mit einem Mehrbauern in ein tolles Bauernendspiel abwickelte und überaus sehenswert gewann. Fridmans Niederlage war am Ende zu verschmerzen, den der Sieg gegen Spanien stand, da Igor Khenkin gegen Francisco Vallejo Pons remis gespielt hatte, vorzeitig fest.
In den anderen Spitzenspielen des Tages konnte sich nur Russland gegen Indien mit 2,5:1,5 durchsetzen. Ukraine gegen Armenien und Norwegen gegen England endeten 2:2. Somit kommt es in der fünften Runde zum Aufeinandertreffen des hohen Favoriten auf Gold Russland und dem deutschen Nationalteam. Nach der bis dato sehr guten Leistung bei der Schacholympiade gehen die Jungs von Bundestrainer Uwe Bönsch nicht chancenlos in die Partie.
Von den Verfolgern trumpften insbesondere Ungarn und Aserbaidschan auf. Die Magyaren schlugen Rumänien und die Azeris die starken Amerikaner um Kamsky und Co. jeweils mit 3:1. Auch mit China wird wieder zu rechnen sein. Gut erholt von der gestrigen Schlappe gegen Norwegen fegten sie die immerhin mit drei Großmeistern bestückten Mazedonier mit 4:0 von den Brettern.

Die Außenseiter

Ein schöner Sieg gelang dem internationalen Meister Helgi Dam Ziska von den Färoer Inseln, der Loek van Wely bezwang. Den holländischen Sieg mit 2,5:1,5 konnte er indes nicht verhindern. Brasilien, die im Schach bei weitem nicht die Rolle einnehmen, die sie in einer bekannten Ballsportart inne haben, trotzen den elomäßig klar überlegenen Usbeken ein 2:2 ab. Für den Ex-Weltmeister Rustam Kasimdzhanov ist es vielleicht ein seltsames Gefühl sich als Weltklassegroßmeister an den hinteren und von Besuchern gut umgebenen Tischen auf seine Partie konzentrieren zu müssen, aber das ist Olympia.
Die persönlichen Helden des Autors sind eindeutig Steven Male und Moses Kawuma aus Uganda. Weiterhin treten sie nur zu zweit für ihr Land an und konnten heute gegen Papua-Neuguinea an Tisch 69 ein 2:2 erzielen. Da sie elomäßig ihren Gegnern klar überlegen waren, stellte das allerdings keine Überraschung dar.
Ein Tisch vor ihnen kämpften ebenfalls zwei Männer vom schwarzen Kontinent allein für ihr Land. Der internationale Meister Amon Simutowe, einer der stärksten afrikanischen Spieler, und Daniel Jere siegten in ihren Partien für Sambia und sorgten damit für das 2:2 gegen Zypern. Die Zyprioter verfolgen übrigens, indem sie ihren schwächsten Spieler am ersten Brett aufgestellt haben, eine seltsame Taktik. Zuerst dachte der Autor, dass es sich um ein Jugendtalent handeln könnte, doch Pustekuchen: Vassilis Aristotelous ist Jahrgang 1956. Nun gut, anstatt gemäß dem Motto „Gens una sumus“ einfach mitzuspielen und nach Stärke aufzustellen, wird an den letzten Tischen mit den erstaunlichsten Methoden gearbeitet.

Ergebnisse der vierten Runde
Tabelle nach der vierten Runde
Paarungen der fünften Runde

Die Damen

China und Polen teilen sich nach dem vierten Spieltag die Tabellenführung und spielen somit am Montag auf der Bühne. Während sich die Chinesinnen gegen die starken Armenierinnen erstaunlich deutlich mit 3,5:0,5 durchsetzten, gelang Polen ein knapper 2,5:1,5 Sieg gegen Serbien. Russland liegt diesen Teams nach dem 4:0 gegen Indonesien im Nacken und spielt in der fünften Runde gegen Georgien.
Enttäuschend verläuft bisher die Schacholympiade für Titelverteidiger Ukraine. Nach dem 2:2 zum Auftakt gegen Argentinien kam der Mitfavorit auf Gold auch gegen die elomäßig klar unterlegenen Litauerinnen nicht über eine Punkteteilung hinaus. Kateryna Lahno musste dabei, nachdem sie wohl über ihre am Tag davor gegen die Mongolin Batkhuyag Munguntuul – immerhin WGM – erlittene Niederlage erbost war, erstmalig zuschauen.
Die Elozahlen haben heute übrigens nicht gelogen, denn weitere Überraschungen sind nur mit Wohlwollen auffindbar.

Die Bühne

Die deutschen Damen kommen leider nicht so richtig in die Puschen bei diesem Turnier. Gegen Indien verlor man 3:1 und liegt nun bei fünf Mannschaftspunkten. Bei anderen Schacholympiaden würde man sich nun irgendwo im Pulk wiederfinden, doch dank einer netten Geste der Organisatoren darf man jeden Tag auf der Bühne spielen. Dort findet nämlich immer die Spitzenbegegnung des Opens und der Damenkonkurrenz statt plus der Kampf der jeweiligen deutschen Nationalmannschaft. Was sich toll anhört, um auch den einheimischen Teams ein Forum zu bieten, könnte sich am Ende als Bumerang erweisen, denn wenn Pähtz und Co. nicht einen Gang zulegen – der Autor ist der Letzte, der es ihnen nicht wünscht – könnte es in der letzten Runde Deutschland gegen Fidschi-Inseln auf der Bühne heißen. Ob man das noch so gut durchs Mikro ankündigen könnte?

Ergebnisse der vierten Runde
Tabelle nach der vierten Runde
Paarungen der fünften Runde

Georgios Souleidis

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