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Der Weltmeister-Bezwinger

Dresden, 21/11/2008

Kanada ist mit einer Herren- und einer Damenmannschaft bei der Olympiade vertreten. Normalerweise findet man die Nordamerikaner immer gemeinsam beim Mittagessen. Nach selbigem erklärten sie sich vor der siebten Runde zu einem Gespräch bereit.



Auf meine initiale Frage wieviele frankophone Spieler in der Mannschaft seien, erklärten sie mir, dass es davon lediglich zwei gäbe. Die Mehrzahl der Akteure kommt aus Toronto, einer aus Montreal und einer aus New York. Ich wollte von ihnen wissen, wie es mit der Popularität des Schachs in Kanada aussieht, ob dies zum Beispiel in Schulen unterrichtet wird. „Ja, Schach wird immer populärer, da wird eine Menge an den Schulen gemacht. Allerdings eher für Anfänger als für geübte Spieler. Man nennt dieses Programm Grass Root, also Graswurzel“ erzählt William Yuan, der Kapitän des Damenteams. „Wer fördert das? Die Regierung?“. Die Kanadier sehen mich ungläubig an und versichern, dass die Regierung mit so etwas nie etwas am Hut haben würde, sondern solche Angebote auf Privatinitiativen zurückgeht. Die Eltern müssen bei entsprechendem Angebot für die Kurse an den Schulen bezahlen.


Auf meine Frage, woher diese plötzliche Popularität des Schach kommt, meinen sie einhellig: „Die Eltern wollen die Kids vom Computer fernhalten, von Videospielen und der Straße. Kinder muss man beschäftigen!“

Nachdem die anderen schon aufbrachen, um zur Runde zu kommen, blieb Großmeister Pascal Charbonneau noch ein Weilchen, um weitere Auskünfte zu geben. Für den 25-jährigen ist es die fünfte Olympiade und er ist für ihn die Möglichkeit mal wieder nach Europa zu kommen.

 

 

„Ich arbeite seit zwei Jahren als Trader bei einem Hedgefonds in New York. Leider komme ich da kaum von meinem Arbeitsplatz weg, meine letzte Europareise war vor zwei Jahren zur Olympiade nach Turin.“ Er hat sich offensichtlich über die Restauration der Dresdner Altstadt informiert: „In Amerika haben wir ja nicht diese alten Städte, auch wenn die Gegend um die Frauenkirche hier nicht wirklich alt ist, weil die Gebäude ja wieder aufgebaut werden“. Charbonneau studierte Wirtschafts- und Finanzwesen, er wollte sich nie als Schachprofi versuchen. „Alexander Onischuk war auf der gleichen Uni wie ich, aber unsere Voraussetzungen sind ganz unterschiedlich. Er kommt aus der alten russsischen Schule, auch wenn er Ukrainer ist. Ich habe dagegen meine Schachkarriere eher als Kaffeehausspieler begonnen. Neben dem Studium habe ich zwar viel Schach gespielt, aber finanziell gesehen geht es mir als Händler weit besser, als es mir jemals als Schachprofi gegangen wäre. Und ich arbeite gerade mal zwei Jahre. Vielleicht kann ich mich sogar schon in ein paar Jahren zur Ruhe setzen.“

Wie sich die Finanzkrise bei ihm bemerkbar mache, wollte ich von ihm wissen. „Gestern (Mittwoch) war natürlich wieder ein schrecklicher Tag, der Dow Jones hat über fünf Prozent verloren. Aber es ist ganz angenehm hier zu sein: Die Börse in New York macht um 15:30 Uhr hiesiger Zeit auf, da spiele ich gerade. Momentan kann ich mich gar nicht mit den Finanzmärkten beschäftigen.“ Und das bisherige Abschneiden des kanadischen Männerteams? „Bisher lief es eigentlich ganz ordentlich – bis auf den schrecklichen gestrigen Tag gegen den Irak, wo wir 1,5:2,5 verloren haben. Ich habe etwas eingestellt, das passiert, wenn man nicht so viel spielt. Bei früheren Olympiaden habe ich auch gegen sehr gute Gegner wie Aronian und Radjabov gespielt und nicht verloren. Mein persönlicher Höhepunkt war mein Sieg gegen Anand in Turin. Seine Elozahl damals betrug über 2800 Punkte.“

 

Peter Dengler


Der Autor dieses Artikels arbeitet als Volunteer bei der diesjährigen Schacholympiade in Dresden. Als Amateurspieler nutzt er die Chance sich mit der Schachwelt zu treffen.


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