News

25.11.2008
Armenien und Georgien gewinnen Gold
[mehr]
25.11.2008
Pressekonferenz armenische Mannschaft
[mehr]
25.11.2008
Pressekonferenz deutsche Mannschaft
[mehr]

Inhalt

Der kleine asiatische Schachprinz

Dresden, 23/11/2008

Ngoc Troung Son Nguyen fordert Magnus Carlsen heraus!



Zu den wohl größten Überraschungen der Olympiade gehört das Team aus Vietnam.
An Startnummer 37 gesetzt, lagen die fünf „Musketiere“ aus dem Mekongdelta nach der achten Runde auf dem geteilten fünften bis neunten Platz. Den achten Platz nach Wertung teilten sie sich u.a. mit den Mitfavorit China. Mit einer Wertungszahl von minus 100 Punkten pro Brett gelang gegen das Land der aufgehenden Sonne in der achten Runde ein sensationelles 2:2 Unentschieden. Aber auch andere renommierte Schachnationen bekamen die Stärke der Vietnamesen zu spüren:
Die traditionell starke Schachnation Niederlande wurde mit 2,5 geschlagen und gegen die Aufsteiger aus Kuba überraschte das Team um Kapitän Tat Thang Dang erneut mit einem Unentschieden.
Leistungsträger des Teams sind eindeutig die beiden Spitzenbretter, der 18-jährige GM Ngoc Truong Son Nguyen und der 17-jährige GM Le Quang Liem.
Beide Talente spielen schon seit zehn Jahren Schach und gewannen jeweils einen Weltmeistertitel in ihrer Altersklasse (in der U10 und U14). Bei der Dresdner Schacholympiade erzielten die beiden Jungtalente bislang Performance-Leistungen von 2700-2750 ELO-Punkten, die weit über ihren derzeitigen Ratings liegen.   


Vietnamesische Schachkolonie in Budapest 

Der Erfolg der Asiaten kommt nicht von ungefähr. Zwar hat der Verband keine finanziellen Mittel um z.B. gute Trainer zu engagieren, aber die Funktionäre verfügen über gewichtige Beziehungen nach Budapest:
Dort werden seit 1992 in der weltweit einmaligen Turnierserie,  First Saturday, jeden Monat internationale Meisterturniere durchgeführt. Mit Unterstützung des in Budapest wohnenden 52-jährigen Geschäftsmannes Hoang Minh Chuong – Vater der Ungarischen Nummer eins Hoang Thanh Trang – nehmen seit Mitte der 90er Jahre vietnamesische Talente an diesen starkbesetzten Turnieren erfolgreich teil. Wie mir Dr. Hoang in einem Interview  versichert, soll es zwar keine spezielle "Vietnamesische Traininggeheimnisse" geben.Das Schachtraining in Budapest steht jedoch in der Tradition der Chinesen, wo dem Endspieltraining größere Aufmerksamkeit geschenkt wird, als dem "stumpfen Eröffnungsgepauke".
Das ehrgeizige Konzept ging dann auch hervorragend auf:
Dr. Hoangs "Kaderschmiede" brachte in der Folge insgesamt vier Großmeister (Nguyen, Cao Sang,  Ang  Dung und Le Quang ) hervor,  die bis heute die Säulen des Vietnamesische Olympiadeteams darstellen.


Das Wunderkind!

Mit Nguyen Ngoc Trong Son hat die Volkrepublik Vietnam definitiv ein "Jahrhunderttalent" erhalten. Der erste wichtige Meilenstein war der Gewinn der WM-U10 im Jahre 2000 (u.a. mit Siegen über Sergey Karjakin und der englischen Hoffnung David Howell) .
Sein erstes Auftreten in der "Kronkolonie Budapest" 2002 brachte ihm, ähnlich wie Karjakins Großmeister-Titel, weltweites Medienecho (u.a. würdigte die renommierte amerikanische "Chesslife" mit einen vierseitigen Artikel das Sensationsergebnis).
Seine damals erzielten sensationellen 12 Punkten aus 13 Runden im IM-Turnier der Kategorie drei, bedeuteten mit 2815 ELO-Leistung ein wahrhaftes Kasparovergebnis!

Der IM-Titel ließ dann auch nicht lange auf sich warten, mit 12 Jahren wurde er Vietnams jüngster Titelträger! Mit 14 kehrte für  4 Monaten in das Paris des Ostens zurück. Dass "Asiens Antwort auf Karjakin" (s.a. Artikel von Uwe Lauer, SCHACH64, Nr18, 2002) sein erstes(!) GM-Turnier mit Leichtigkeit gewann, sprach für das Riesenpotential, das in diesem Jungen schlummerte.
Nguyen erspielte sich mit 14,5 Jahren den Großmeistertitel und wurde somit der achtjüngste Spieler, der den höchsten Schachtitel erhielt.


Lehrjahre

Son, so der Rufname, kommt aus einer wirtschaftlich schwach gestellten Familie und hat eine Schwester, die zwar überhaupt kein Schach spielt, ihn jedoch regelmäßig beim Damespiel schlägt! Der kleine Prinz lebt seit seiner Budapestzeit unregelmäßig  bei seinen Eltern.
Mit Unterstützung des Sportministeriums wurde er in seiner Schulzeit regelmäßig zum Training in das sogenannte "Vietnamesische Sportcenter" bei Ho-Chi-Minh-City  verschickt. In dem sogenannten „Nationalsportcenter zwei“ hat er seit zwei Jahren seine Zelte aufgeschlagen und spielt ausschließlich Schach. Ähnlich wie in der ehemaligen Sowjetunion werden hier sportlich überdurchschnittlich begabte Kinder mit umfangreichen Trainingsmethoden gefördert.
Da Ausbildung in diesem Sportcamp universell abläuft, verwundert es nicht, dass der schmächtige Schachstar auch ein ausgezeichneter Schwimmer geworden ist und schon mehrere Wettbewerbe in seiner Provinz gewonnen hat .


Ausblick

Seit kurzem organisiert der vietnamesische Verband auch selbst Turniere. Bei der im Oktober zu Ende gegangenen Jugendweltmeisterschaft in Vung Tau City (bei Hanoi) wurde Son in der Altersgruppe U18 Vizeweltmeister. Dieser Titel  ist die stärkste Leistung in der jungen vietnamesischen Schachgeschichte (erste Olympiateilnahme 1990 in Novi Sad).
Der 18-jährige Profi erhält geringe Unterstützung  der Provinzregierung  und kann von daher  nur an vier, maximal fünf, Open-Turnieren in Asien teilnehmen. Dresden ist für den Jungen die zweite Olympia (in Turin 2006 gewann mit 7,5/12 am dritten Brett einen Brettpreis).
Es wäre ein großer Traum für ihn an einem europäische Topturnier mitspielen zu können.
Der Turnierdirektor von Wijk aan Zee wird an diesem Wochenende in Dresden erwartet.
Da Son bisher mit Siegen gegen Hollands Schachstar Loek van Wely, Remisen gegen Iwantschuk und Bu überzeugen konnte, wird vielleicht ein Traum bald wahr!
Der gleichaltrige Carlsen spielt im nächsten Jahr ebenfalls dieses Traditionsturnier mit.



Ngoc Trong Son Nguyen


Jürgen Brustkern

zurück zur Übersicht